Hagstrom World Vintage Series - Swede

Alive And Kickin'

ein Test von Hansi Tietgen

Keine Frage: Hagstrom Gitarren sind legendär. Bereits 1958 begann Karl Eric Hagstrom in Schweden mit dem Bau elektrischer Gitarren. In den 60er und 70er Jahren gehörten Modelle wie die Swede, oder die Viking zu den absoluten Megasellern und so war es ganz normal, dass auch Helden wie Frank Zappa, David Bowie, Larry Coryell oder Elvis P. sich mit den Instrumenten der skandinavischen Experten auf der Bühne austobten. Zum Leidwesen der Szene stellte Hagstrom im Jahr 1982 die Produktion ein. Der Popularität der Instrumente tat dies allerdings keinen Abbruch. Im Gegenteil: Die legendären schwedischen Gitarren wurden zu begehrten Sammlerobjekten und erfreuen sich bis heute größter Beliebtheit.

Gut 23 Jahre nach Produktions-Stop ist Hagstrom jetzt „Back In Business“! Bei der Konzeption der Instrumente hat das „neue“ Hagstrom-Team ein Hauptaugenmerk darauf gerichtet, das legendäre Retro-Design möglichst originalgetreu zu erhalten. Die vorgenommenen Veränderungen bezogen sich zum größten Teil auf das verarbeitete Material und die verbauten Komponenten.

World Vintage Series

Bei der Neuauflage der Gitarren konnte das erfahrene schwedische Research & Developement Team auf Karl Eric's Know How und seine Original-Pläne zurückgreifen. Somit ist gewährleistet, dass auch die aktuellen Modell-Versionen lupenreine Hagstroms sind! Und da bei der Produktion der Instrumente Hölzer aus Kanada und Südamerika, Potis, Maschinen und Tools aus den USA und Mechaniken aus Korea Verwendung finden, liegt der Name der neuen Serie quasi auf der Hand: World Vintage Series.

Für unseren Test haben wir uns eines der beliebtesten Modelle der Hagstrom-History ausgesucht: Die Swede! Die Gitarre wurde erstmals im Jahr 1970 vorgestellt. Und obwohl sich das Single-Cutaway Design der schönen Schwedin stark an der Les Paul orientiert, wurde die Gitarre, nie „nur“ als Kopie angesehen. Der Korpus der Swede besteht aus Mahagoni und ist mit einer gewölbt geschnitzten 10mm starken Mahagoni-Decke belegt. Zur Erinnerung: Die Les Paul kommt mit einem Mahagoni-Korpus und Ahorn-Decke! Alles in allem fällt der Body auch etwas kleiner, dünner und runder aus, als der, der Paula. Und auch das ergonomische Shaping auf der Rückseite, sucht man bei Gibson vergebens.

Das attraktive, transparente Finish (Polyester) der Swede hört auf den Namen Cherry Red und ist, genau wie das 5-schichtige Binding (creme/schwarz), das die süßen Rundungen der Gitarre nachzeichnet, erstklassig gemacht. In Sachen Bridge setzt man im Hause Hagstrom auf die bewährte Kombination einer Tune-O-Matic Bridge (Long Travel), mit einem Saitenhalter, der schon auf den Original-Instrumenten Verwendung fand. Das, von Hagstrom entwickelte Tailpiece (Sustainblock Tailpiece) besteht aus sechs, separaten verchromten Gussblöcken, die sich in zwei, gegeneinander versetzten Reihen anordnen. Jeder der Blöcke wird mit Hilfe von zwei Schrauben fest mit dem Korpus verbunden. Die Saiten werden von hinten durch entsprechende Bohrungen geführt, wobei die Ball-Ends in einem passend erweiterten Bereich auf der Rückseite der Blöcke Platz finden. Dank der direkten Verbindung mit dem Korpus gewährleistet die Konstruktion eine optimale Übertragung der Saitenschwingung auf die Decke und sorgt so, in Sachen Sustain und Ansprache, für optimale Werte. Eine verchromte Kappe schützt die Konstruktion vor den neugierigen Blicken detailverliebter Zeitgenossen. Eigentlich ist sie aber wohl eher dazu gedacht, den sechs Einzel-Blöcken ein homogenes Outfit zu geben. Ganz nebenbei unterstreicht die Kappe aber natürlich auch den eigenständigen Charakter des Instruments.

Genau wie die Les Paul, kommt auch die Swede mit zwei, in Einbau-Rähmchen (schwarz) installierten Humbuckern (Custom 58). Die Tonabnehmer, die in den neuen Hagstroms zum Einsatz kommen, wurden von einem Team aus Musikern und Experten über einen Zeitraum von 18 Monaten entwickelt und orientieren sich, der Name lässt es schon vermuten, an der Performance des legendären Gibson PAF. Geschaltet werden die beiden verchromten Doppelspuler über einen 3-Wege Toggle-Switch in angestammter Les Paul Position. Die Kontrolle über die Pickup-Performance übernehmen je ein Tone-, und ein Volume-Regler. Ein besonderes Schmankerl der Swede steht über einen zweiten 3-Wege Toggle Switch im Cutaway-Bereich zur Verfügung. Hinter ihm verbirgt sich ein Filter, der zwei Presets bereithält. Nach unten geschaltet, werden die Höhen betont und die Mitten leicht abgesenkt. Nach oben geschaltet werden die Höhen abgesenkt und die Bässe angehoben. In der Mittelposition geht der Filter in den Bypass!

Der Hals

Der Hals der Swede hat es faustdick hinter den Ohren und hält einige Überraschungen bereit. Standard ist: Er ist fest mit dem Korpus verleimt, kommt mit einer 628mm Mensur und seine Basis besteht aus Mahagoni. Soweit, so gut! Doch schon das unschuldig auf „Riffs“ wartende Griffbrett birgt das erste Geheimnis. Es wurde nämlich nicht, wie üblich, aus „normalem“ Massiv-Holz, sondern aus sogenanntem „Resinator Wood“ gefertigt. Das innovative Material besteht aus mehrschichtig im Vakuum-Verfahren gegeneinander verleimten Holzblättern aus Ebenholz. Resinator-Wood ist sehr stabil und nimmt dem Hals so nicht nur jede Chance sich zu verwinden. Auch das Schwingungsverhalten und die Oberton-Wiedergabe wird durch die „Komposition“ optimiert. Eingefasst wird das Hightech-Brett durch ein 3-schichtiges Binding (creme/schwarz). Hagstrom Pearl Block Inlays im Griffbrett und schwarze Dots in der Sichtkante, sorgen für eine erlesene Optik und eine optimale Lagenorientierung.

Das zweite exklusive Hagstrom Feature verbirgt sich im Inneren des Halses: Der H-Expander. Der in Form eines H profilierte Truss-Rod (Halsstell-Stab), stabilisiert den Hals optimal und garantiert so eine gleichbleibend gute Bespielbarkeit. Der „Expander“ wurde von Karl Eric Hagstrom in den 60er Jahren entwickelt und da er bis heute nichts von seiner Effektivität eingebüßt hat, nahm das „neue“ Hagstrom Team die Herausforderung an und baute die, für die Produktion des H-Expanders, nötigen Maschinen, anhand alter Zeichnungen nach. Der User merkt nichts von all dem und stellt die Halskrümmung, wie üblich, über eine normale Halsstell-Schraube (am oberen Ende der Kopfplatte) ein.

Die Kopfplatte ist ein markantes Hagstrom-Designstück und wurde seit den Anfängen der Marke nur unwesentlich verändert. Die Front ist schwarz lackiert, das Heck kommt, passend zum Rest, in Wild Cherry Transparent. Für die Verzierung sorgt ein 3-schichtiges Perloid-Binding und ein, ebenfalls aus Perloid gefertigtes, Logo/Wappen. Ein weiterer Eyecatcher mit Tradition, ist das exklusive Design der Mechaniken. Einziger Unterschied zu den „Tunern“ alter Hagstroms sind die etwas kleiner ausfallenden „Buttons“. Und das hat rein praktische Gründe. Die alten „Buttons“ waren nämlich so groß, dass man sich im ungünstigsten Fall beim Stimmen die Finger geklemmt hat. Das kann jetzt nicht mehr passieren. Die verbauten Mechniken sind von guter Qualität und arbeiten stimmstabil und präzise.

Fehlen uns noch einige technische Details. Genau wie bei der Paula, wird auch bei der Swede der für eine optimale Intonation und Sustain nötige „Anpressdruck“ in die Sattelkerben, durch eine abgewinkelte Kopfplatte erzeugt. Die Fertigung von Hälsen mit abgewinkelter Kopfplatte erfordert einen wesentlich höheren Materialaufwand, als die von Hälsen mit geraden Kopfplatten (Fender Strat etc.). Um die Produktion auch bei der abgewinkelten Variante möglichst kostengünstig zu halten, wurde die Kopfplatte der Swede separat gefertigt und dann mit Hilfe einer speziellen Schäftung fest mit der Halsbasis verleimt. In diesem Fall spricht man also von einem 2-teiligen Hals. Die Verbindung ist bei der Swede perfekt gemacht und bietet dieselbe Haltbarkeit, wie ein, aus einem Stück gefertigter Hals.

Bleibt uns noch der Sattel: Der besteht bei allen neuen Hagstroms aus einem Graphit-Composite (Verbundwerkstoff). Zur Information: Graphit-Staub und Graphit-Paste werden gerne als Schmiermittel eingesetzt. Ein, aus dem Material gefertigter Sattel kann also effektiv dabei helfen, dass Festklemmen der Saiten in den Sattelkerben zu vermeiden. Außerdem soll das Material die Saitenschwingungen besser auf den Hals übertragen und so Sustain und Ansprache weiter optimieren.

Die Praxis

Der Test der Swede fand in Kombination mit einem Crate V3112 Class A Vollröhren-Amp statt. Fangen wir mit der mechanischen Seite, dem Handling an. Die Bespielbarkeit der Swede ist wirklich erste Sahne. Das Hals-Profil liegt satt in der Hand und vermittelt , in Verbindung mit der sehr guten Saitenlage - quasi aus dem Stand - ein vertrautes Spielgefühl! Dabei ist die Swede von unangenehmem Scheppern meilenweit entfernt. Als Komfort-Highlight hat sich übrigens das ergonomische Shaping auf der Korpus -Rückseite erwiesen.

Ganz klar: Irgendwie liegt es in der Natur der Sache, das man dazu neigt eine Gitarre, deren Outfit sich so eng an der Les Paul orientiert, auch klanglich mit der Legende zu vergleichen. Und es ist verblüffend: Trotz Mahagoni-Korpus und kurzer Mensur klingt die Swede anders! Bereits akustisch gespielt zeigt die Gitarre eine Prise mehr Biss, als eine Paula. Und dieser Eindruck intensiviert sich noch, nachdem die Schwedenschönheit an den Amp angeschlossen und der Overdrive-Kanal aktiviert wurde. Die Hagstrom liefert einen druckvollen, sustainreichen Sound, der sich garantiert durchzusetzen weiß. Powerchord-Riffs kommen knackig und offen und auch im Dropped D Tuning brennt nichts an. Die beiden Custom 58 machen wirklich einen exzellenten Job – und das in einem Preis-Segment, in dem gerade die Pick-Ups sonst gerne schwächeln. Da hat das Hagstrom Research & Developement Team wirklich ganze Arbeit geleistet. Auch sahnig singende Leads sind mit der Swede kein Thema. Auffällig ist die Oberton-Wiedergabe, die allen Sounds Durchsetzungskraft und einen seidig, brillanten Glanz verleiht. Außerdem ist es einfach ein Vergnügen wie spontan die „Axt“ auf Pick-Harmonics anspricht. Das gelieferte Klang-Niveau ist in jeder Pick-Up Kombination sehr hoch und wird selbst verwöhntere Zeitgenossen problemlos zufrieden stellen. Apropos Pick-Up Kombinationen. Durch eine Modifikation der „Standard-Les Paul“ Schaltung ist es bei der Swede möglich, das Mischungsverhältnis der beiden Humbucker in der Mittelstellung (beide Humbucker aktiv) zu verändern und so interessante Soundvariationen zu erzielen. Bei einer normalen Les Paul führt das Abdrehen eines der beiden Pick-Up Volumes in der Mittelstellung, zum „Aus“ am Ende des Regelwegs. Nimmt man die beiden, über den zweiten 3-Wege Toggle Switch schaltbaren Filter noch mit auf die Rechnung, ergeben sich, neben den Standard -Sounds, eine ganze Reihe cooler Zusatz-Sounds. Der sehr positive Eindruck setzt sich auch im Clean-Betrieb fort. Mit dem Hals-Pickup lassen sich warme, ausgewogene Jazz-Sounds realisieren. Dabei werden saftige, volle Akkord-Compings genauso unterstützt, wie runde, kräftige Single-Note Lines. Und wem das immer noch nicht reicht, der kann dem Sound mit „hochgeschaltetem“ Filter, einen zusätzlichen „Wärme Kick “ verleihen. Aber auch knackigere Rhythmusgitarren Sounds, bis hin zu näselnden Country-Leads, sind mit der Swede problemlos möglich.

Fazit

Mit der „Swede“ gelingt der schwedischen Kultfirma Hagstrom ein Comeback nach Maß. Die Gitarre macht ihrem großen Namen alle Ehre und überzeugt mit einem Auftreten , wie man es sonst nur von wesentlich teureren Instrumenten kennt. Die Verarbeitung ist durchweg sehr gut und kann selbst kritischeren Blicken mühelos stand halten. Das gleiche gilt auch für die Bespielbarkeit und die Qualität der gelieferten Sounds. Die Swede besticht durch ihre durchsetzungsstarke, satte Performance und wird dabei auch professionellen Ansprüchen problemlos gerecht. Man darf also gespannt sein, was in nächster Zeit noch so alles passieren wird, denn schließlich hat Hagstrom, neben der Swede, noch das ein, oder andere attraktive Modell in der Pipeline.

Specs

  • Hersteller: Hagstrom
  • Modell: Swede
  • Korpus: 45mm Mahogani mit 10mm Carved Mahagoni-Decke
  • Hals: Mahogani, geleimt
  • Griffbrett: Resinator Wood mit Hagstrom Pearl Block Inlays
  • Truss Rod: H-Expander
  • Mechaniken: Hagstrom 18:1 Die Cast
  • Mensur: 24,75" / 629 mm
  • Pickups: 2 x Hagstrom Custom 58
  • Pickup Wahlschalter: 3-Way Toggle Switch
  • Bridge: Long Travel Tune-O-Matic mit Hagstrom Stop Tail Piece, 6 separate Messing String-Blocks
  • Regler: 2 x Volume / 2x Tone,  3-Wege Sound Filter Toggle Switch (Center bypass)
  • Finish: Wild Cherry Transp.
  • Preis: 529,00 € (uvp)
  • Zubehör Luxus Gig-Bag "Hagbag" 55,00€ (uvp) (nicht im Lieferumfang enthalten)

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