Ein Interview mit Hansi Tietgen

? PG: Du bist in diesem Jahr gleich mit zwei CD-Veröffentlichungen am Start. Dem aktuellen Fourplay-Album Yes, Please! und deinem neuen Solo-Werk Fingerprints. Neben einer illustren Schar an Gastmusikern wie Jerry Hey und seiner weltberühmten Hornsection oder Abe Laboriel, hast du auf FP diesmal wieder einige ziemlich hochkarätige Songwriting-Partner mit im Boot. Ich denke da nur an deinen langjährigen Sangesbruder Michael Mc Donald. Nach welchen Kriterien hast du deine Mitschreiber ausgewählt?

Fourplay mit Larry Carlton 3.v.l

 

! Larry: Actually, it just kind of happens. Es ist einfach passiert. Ich bin damals ins Studio gegangen und habe im Alleingang sechs Song aufgenommen und produziert. Nachdem die Nummern im Kasten waren, traf ich den Präsidenten des Warner Brothers Jazz Departments. Im Zuge dieses Meetings fragte er mich, ob ich nicht Interesse daran hätte, weitere Songs in Kooperation mit dem bekannten Smooth Jazz-Produzenten Paul Brown aufzunehmen. Da ich Pauls Arbeit sehr schätzte und weil ich natürlich auch nichts dagegen hatte, meine Musik mit seiner Hilfe noch populärer zu machen, stimmte ich dem Plan zu. Im Zuge dieser Kooperation bereitete Paul drei neue Songs vor. Meine Aufgabe bestand darin, die Nummern mit den fehlenden Melodien und Solos zu versorgte. Die gesamte Aufnahme-Session dauerte nicht mehr als drei Stunden. That's it! Ich verließ das Studio wieder und überließ Mr. Brown den Rest der Arbeit.

? PG: Und wie kam die Zusammenarbeit mit Michael (Mc Donald) zustande?

! Larry: Genau wie ich lebt auch Michael in Nashville. Wir sind quasi Nachbarn und sehen uns sehr häufig. Ich wohne jetzt mittlerweile schon seit über fünf Jahren dort. Mike hat noch ein Jahr mehr auf dem Buckel. Neben dieser freundschaftlichen Beziehung, verbindet uns das gemeinsame musikalische Engagement. Wir haben in den letzten Jahren ziemlich viele Benefiz-Konzerte zusammen gespielt und hegten schon seit längerem den Plan, mal wieder etwas gemeinsam aufzunehmen. Jetzt ist es endlich passiert. Es war die perfekte Gelegenheit!

? PG: Man hat im Augenblick den Eindruck, dass Nashville dabei ist, der Pop-Metropole L. A. den Rang abzulaufen. Viele der ganz Großen des L. A. Studio- und Produzenten- Business, haben sich rund um Nashville angesiedelt. Ich denke da im speziellen an deine Gitarristen-Kollegen Dan Huff oder Adrian Belew!

! Larry: Michael Mc Donald, Peter Frampton, der Produzent Michael Omartian.Das Klischee, dass Nashville lediglich die Hochburg der Country Music ist, stimmt schon seit langem nicht mehr.

? PG: Spiegelt sich die Tatsache, dass du das Leben in einer der am dichtesten besiedelten Großstädte der Staaten, mit der eher ländlichen Idylle Tennessees eingetauscht hast, auch in deiner Musik wieder?

! Larry: Ich denke nicht. Weißt du, ich hatte schon zu Beginn meiner Karriere den Plan, irgendwann einmal mit meiner Familie aufs Land zu ziehen. Ich liebe es zu jagen und zu fischen. Einfach die freie Natur zu genießen. Vor fünf Jahren ergab sich dann die Gelegenheit, nach Nashville umzuziehen und ich brauchte nicht lange zu überlegen. Die Entscheidung viel mir sehr leicht!

? PG: Hast du ein eigenes Studio in deinem Haus?

! Larry: Ja, aber es ist wirklich nicht mehr als ein Demo-Studio. Hier kann ich meine Songs schreiben und sie dann in einer adäquaten Demo-Qualität aufnehmen. Das ist okay für mich. Wenn es dann Ernst wird, miete ich mich in einem der großen Studios ein.

? PG: In den späten Siebzigern und frühen Achtzigern hattest du, ob deiner Vorliebe für Gibson ES- Gitarren, den Spitz-Namen Mr. 335. Ich glaube, es war das Friends-Albums (1983), auf dessen Cover deine Fans mehr oder weniger verdutzt zur Kenntnis nehmen mussten, dass du auf eine Strat der Firma Valley Arts umgestiegen warst. Während des Soundchecks habe ich gesehen, dass du wieder zu deiner alten Liebe zurückgekehrt ist! Wie und wann ist es eigentlich dazu gekommen?

! Larry: . Ich experimentiere schon sehr lange mit den unterschiedlichen Gitarrentypen. Bevor ich vor drei Jahren zur ES-335 zurückgekehrt bin, spielte ich zum Beispiel eine Les Paul Goldtop und verschiedenen PRS Modelle. Davor war es eine 56er Strat. Ich finde es sehr interessant, inwieweit der jeweilige Sound einer Gitarre, das eigene Spiel beeinflussen kann. It's All Part Of The Process! In der Zeit, als ich bei Fourplay einstieg, spielte ich gerade eine 51er Tele. Als wir anfingen, live zu spielen, musste ich aber feststellen, dass der Sound dieser Gitarre absolut nicht zur Musik der Band passte. Also testet ich die gute, alte ES an und siehe da; sie war bestens für diesen Zweck geeignet. Seit dieser Zeit ist sie mein Fourplay-Tool!


Michael Mc Donald, Peter Frampton, der Produzent Michael Omartian, haben sich alle rund um die Stadt angesiedelt. Das Klischee, das Nashville lediglich die Hochburg der Country Music ist, stimmt schon seit langem nicht mehr.


? PG: Dein Spiel hat sich in den letzten Jahren verändert. Ich will nicht sagen, dass es unbedingt jazziger geworden ist, aber irgendwie hört man wieder mehr von deinen Roots. Dein Phrasing beim Oktav-Spiel erinnert sehr stark an Wes Montgomery. Wie siehst du das selber?

! Larry: Ich finde, das ist eine interessante Beobachtung. Ich erzähl' dir in diesem Zusammenhang einmal eine kleine Geschichte: Als ich ein Teenager war, spielte ich in Night Clubs, sechs Abende die Woche! Ich war der Bandleader und sang nebenbei auch ein wenig . Das erste Set an jedem Abend, gehörte ganz dem Jazz. Danach spielten wir Pop Songs, so dass das Publikum tanzen konnte. Ich liebte Wes und seine Musik ( I Can Play The Shit Out of That Stuff)! Als ich dann anfing, in den großen Studios zu arbeiten und langsam meinen eigenen Stil entwickelte, hatte ich keine Gelegenheit mehr dazu, Oktaven oder Ähnliches zum Einsatz zu bringen. Bei Fourplay ist das anders. Hier sind sie ein Teil des Sounds. Bob (James/piano) spielte die Chords und ich oktaviere die Melodie-Linien. Das klingt richtig fett! Und genau das ist der Grund, warum ich jetzt wieder auf dieses Stilmittel zurückgreife. Es ist ein Teil des etablierten Fourplay-Sounds.

? PG: Kommen wir noch einmal zurück zu deinem Fingerprints-Album. Du hast selber sehr lange als Studio-Musiker für andere Leute gearbeitet. Jetzt bist du der Arbeitgeber von Hochkarätern wie Vinnie Colaiuta (drums), oder Kirk Whalum (sax). Wie hat man sich eigentlich eine typische Recording-Situation vorzustellen? Gibt es Charts (Noten) zu deinen Songs, die deinen Gastmusikern vorgeben, was sie im Endeffekt zu spielen haben, oder gibst du deinen Kollegen die Freiheit, eigene Ideen in das bestehende Konzept einzubringen?

! Larry: Zu meiner Zeit als Studio-Musiker haben wir fast ausschließlich mit Akkord-Charts gearbeitet. Das heißt die akkordische Struktur der zu spielenden Nummern wurde zwar erfasst, wie man diese aber im Endeffekt ausgestaltete, blieb jedem der engagierten Musiker freigestellt. Im Falle einer Larry Carlton-Produktion läuft es etwas anders ab. Ich habe dir ja gerade erzählt, dass ich meine Songs schon recht aufwendig vorproduziere. Diese Demo-Versionen plus relativ ausführlicher Charts, dienten meinen Gästen als eine Art Referenz. So bekamen sie einen direkten Eindruck von dem, was ich von ihnen erwartete. Da ich aber keine ausnotierten Stimmen vorlegte, blieb ihnen trotz allem ein relativ großer Freiraum zur eigenen Gestaltung. Und genau diese Herangehensweise ist der Grund, warum jede meiner CDs klingt, wie eben nur eine Larry Carlton-CD klingt!

? PG: Wie lange hast du mit den Jungs an Fingerprints gearbeitet?

! Larry: Sechs Tage. Die Session war sehr entspannt. Wir haben an jedem Tag nur eine Nummer fertiggestellt.

? PG: Schickst du den anderen Musikern im Vorfeld deine Demo-Versionen, oder werden sie erst am Tag der Wahrheit, mit dem zu spielenden Material konfrontiert

! Larry: Erst am Tag der Wahrheit (lacht!). Eine typische Session-Situation eben.

? PG: Eine Situation, an die du ja, durch deine langjährigen Erfahrungen als einer der meistbeschäftigten Studio-Gitarristen der Welt, durchaus gewöhnt bist. Ist dieses auf den Punkt kreativ sein, nicht ziemlich hart?

! Larry: Ich für meinen Teil, finde diese Creating On The Spot Geschichten, ziemlich cool. Nur dann bekommst du das Beste von mir. Ich habe nie lange an meinen Statements gefeilt. Normalerweise war es immer so, dass der erste oder der zweite Take genau der war, den der jeweilige Produzent von mir hören wollte. Alles was danach kam, war nicht mehr als die zwanghafte Suche nach den Dingen, die man beim ersten Durchgang schon gefunden hatte.


Als ich ein Teenager war, spielte ich in Night Clubs, sechs Abende die Woche! Ich war der Bandleader und sang nebenbei auch ein wenig . Das erste Set an jedem Abend, gehörte ganz dem Jazz. Danach spielten wir Pop Songs, so dass das Publikum tanzen konnte.


? PG: Du hast in deiner Karriere tausende von Songs eingespielt. Waren auch Nummern dabei, zu denen dir absolut nichts eingefallen ist?

! Larry: Ja sicher!

? PG: Und dann?

! Larry: (lacht!)Du gibst was du geben kannst und ersetzt es später wieder, wenn dir vielleicht noch was besseres zum Thema einfallen ist! Die Aufgabe eines Produzenten besteht unter anderem darin, genau die Musiker zu verpflichten, deren Stil am ehesten zu dem zu spielenden Song passt. Ich hatte immer genau dann ein Problem richtig gut und kreativ zu sein, wenn das Songmaterial das nötige musikalische Niveau vermissen ließ. Dann kam es zu Situationen, in denen ich nicht das geben konnte, was mein guter Ruf versprach. In solchen Fällen ist es besser ehrlich zu sein und den Job an jemand anderen weiter zu geben, der dann aufs Neue vollkommen unvoreingenommen an die Sache herangehen kann. Ich hatte nie Schwierigkeiten so etwas einzugestehen und mich aus der Session auszuklinken.

? PG: Lass' uns noch ein wenig über dein Equipment sprechen. Du verwendest jetzt schon seit vielen, vielen Jahren Dumble Amps. Auch hier in Baden Baden hast du deine Favorites wieder dabei. Sind das eigentlich die gleichen Amps, die auch schon auf deinen legendären Aufnahmen in den Spät-Siebzigern/Früh-Achtzigern zu hören wahren?

! Larry: Ob du es glaubst oder nicht. Die Antwort lautet ja. Mr. Dumble war immer sehr gut zu mir. Er hat eigentlich schon vor einigen Jahren damit aufgehört, Amps zu bauen, sorgt aber, dank unserer langjährigen Freundschaft, nach wie vor dafür, dass meine Schätze jederzeit gut in Schuss sind. Sobald ich merke, dass sich der Sound der Amps in irgendeiner Weise verändert, konsultiere ich ihn. Meine Dumbles sind wirklich echte Custom Amps. Einen ähnlichen Service bietet er übrigens auch anderen Nur-Dumble-Spielern wie Robben Ford und Eric Johnson. Aber das war's auch schon!

? PG: Ich traf vor gut anderthalb Jahren Luke (Steve Lukather). Er erzählte mir damals, dass ihr einige gemeinsame Gigs in Japan bestritten habt. Das Ganze sei auch aufgezeichnet worden. Was ist eigentlich aus diesem, sicher äußerst brisanten Material geworden?

! Larry: Gut das du das fragst. Wir werden im Frühjahr 2001 eine CD mit Auszügen aus den Aufnahmen veröffentlichen. Die Scheibe wird dann auf Steve Vai's Label Favored Nations erscheinen. Steve ist nicht nur ein ausgezeichneter Gitarrist, sondern auch ein echter Gitarren-Verrückter. Er kümmert sich sehr um seine Acts. Man kann also gespannt sein.

? PG: Ich glaube auf der Favored Nations Homepage, kann man einen Newsletter abonnieren. Der wird dann sicher über alles weiter informieren?!

! Larry: Davon bin ich überzeugt.

? PG: Wunderbar. Larry, vielen Dank für das überaus nette und informative Gespräch.

 

2 Fotos Fourplay: eastwest/Bildarchiv
Fotos Equipment: Hansi Tietgen

 

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